Der Improblog
Geheimnisse, Erlebnisse, Meinungen zu Improvisation und Theater
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Frank liebt es, wenn ein Plan funktioniert. Doch was ist, wenn der gemachte Plan eben genau das nicht tut? Was geschieht, wenn auf der Bühne alles anders kommt als gedacht? Gibt es Chaos und Anarchie oder wundervolle Impromomente? Dieser Artikel gibt eine Antwort!
Ich warte im Zürcher ComedyHaus neben Niggi hinter einer zwei Zentimeter dicken Holzwand, die uns vom Publikum trennt, auf meinen Auftritt. Das Bühnenbild steht, wir dahinter und Matthias als Moderator und Regisseur auf der Bühne. Dann sagt er seinen Satz der unser Stichwort ist: „Viel Spass mit Staffel sechs, Folge eins von ‚WG zum Glück'“.
Nach fast zwei Jahren spielen wir zum ersten Mal wieder unsere Impro-Sitcom. Ich bin aufgeregt. Ich trage die Kleider von Josef Bertschinger, meiner festgelegten Figur, aber seine Seele ist noch nicht ganz zurückgekehrt. Der Kühlschrank auf der Bühne brummt. Es wird dunkel. Wie geplant. Jetzt startet Peter, unser Musiker, den Jingle ab Band bzw. er sollte ihn starten. Nichts geschieht. Es bleibt Dunkel und still.
Mein Puls rast
Wir haben das x-mal probiert, der normale Ablauf geht wie folgt: Es spielt die Titelmusik, das Licht geht an, Sven öffnet die Tür am anderen Bühnenrand, tritt ein, ich gehe auf ihn zu und streichle mit beiden Händen seine Aura usw. Doch es bleibt dunkel, kein Ton ist zu hören. Mein Puls rast.
Chris, unser Techniker sagt laut: „Entschuldigung“.
„Gut“, denke ich mir, „Alles wird gut, der Fehler ist gefunden, gleich geht es los“.
„Blackout“, sagt Peter und langsam geht das Licht im Saal an.
Peinliche Pause.
Die allermeisten Improtheaterformate haben technische oder dramaturgische Abläufe, die geplant sind, die geschliffen und geprobt werden. Improvisation funktioniert wohl am besten, wenn dem Spielraum ein paar Grenzen gesetzt werden. Die Geschichten sind improvisiert. Da lasse ich mich gerne überraschen und entdecke an meinen Mitspielern und mir gerne jederzeit Neues. Stürze mich ins Chaos und scheitere ohne Probleme. Wenn aber diese Titelmusik nicht spielt, werde ich sehr nervös!
Machtlosigkeit statt eines funktionierenden Plans
Kein gutes Gefühl. Improvisation ist dann schwierig, wenn wir eigentlich einen Plan haben, dem wir richtig vertrauen. Ein Plan, den wir getestet haben, einer der funktioniert. Wenn uns dann äussere Einflüsse davon abhalten und wir machtlos sind, also nichts machen können gegen diese Einflüsse, dann geraten wir in Panik.
Und Panik hilft selten. Wir bekommen einen Tunnelblick, fokussieren auf den existierenden Plan und werden unkreativ. Wir hören auf zu atmen (Anm. d. Red: Breath, Motherfucker!), spannen die Muskeln an und suchen den Notausgang. Je mehr Plan, desto mehr Improvisationserfahrung braucht es, um da wieder rauszukommen, wenn der Plan einmal nicht funktioniert.
Joghurt-Geschenke und spontane Pointen
In unserem Fall springt Matthias (der Regisseur) locker auf die Bühne und übernimmt spontan wieder die Moderation. Während Peter und Chris hektisch versuchen die Ton-Verbindung wiederherzustellen, liest er aus einem vor, der im Bücherregal auf der Bühne steht, verlost Joghurt aus unserem Kühlschrank und erfindet spontan Witze.
Fast 15 Minuten lang unterhält Matthias das Publikum grossartig und vollkommen unvorbereitet. Der Fehler kann nicht behoben werden. Es wird dunkel, Peter spielt die Titelmusik am Piano unplugged und Sven öffnet die Tür am anderen Bühnenrand. Wir machen es anders als geplant. Und doch: Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.
Wann hat die Realität deine Pläne einmal so richtig durchquert? Und wie bist du damit spontan umgegangen?
PS: Die nächste Staffel von WG zum Glück gibt’s übrigens am 7. und 8. April in Zürich: Tickets gibt’s hier!