Der Improblog
Geheimnisse, Erlebnisse, Meinungen zu Improvisation und Theater
Wofür gibt es in der Impro Regeln? Und wie gehen wir mit ihnen am besten um? Dazu hat Gerald eine eindeutige Meinung. Doch lest selbst.
Regeln helfen in der Impro. Es macht durchaus Sinn, gedanklich „Ja und“ und „Weil das so ist“ zu sagen. Es hilft wenn man “alles als wahr belässt, was als wahr etabliert wurde”. Strukturen, Formate und Games können gewisse Ergebnisse zumindest wahrscheinlicher machen. Aber dies ist und kann nur ein erster Schritt sein. Regeln helfen Erfahrungen in der Welt der Impro zu machen. Sie sind Schwimmflügel und Rettungsringe, aber bald schon muss jeder selber schwimmen. Und hier kommt die Wahrheit:
Du machst nicht deswegen alles richtig, nur weil du nichts falsch machst!
Okay, jetzt mal direkt und offen: Hört FOR THE LOVE OF GOD auf, euch beim Impro spielen selbst zu zensieren! THAT PISSES ME OFF.
Wer sagt, ich kann in einem Gebärden-Dolmetscher nicht anfangen zu singen? Wer sagt, ich kann in einem Word at a time nicht auf einmal in Gibberish weiterreden? Wer sagt, dass ich nicht jederzeit einfach einen Monolog mit dem Publikum beginnen könnte? Wer sagt eigentlich, was ich beim Improvisieren tun und lassen darf? YES EXACTLY, NOBODY!
Ich kann das tun. Ich kann auch einfach mal das Licht ausmachen oder mich ins Publikum setzen. Ich kann mich auch mit Wasser begiessen, alle anderen Figuren erschiessen oder als stumme Figur unbeteiligt in einer Szene sitzen. Ich kann alles. Du kannst alles.
„Tu was du willst“ steht auf der Rückseite des Auryn (Anm. d. Red.: Ich wusste nicht, was ein Auryn ist, habe aber eine Antwort gefunden). Und es sollte der erste Gedanke eines Improspielers vor jeder Szene sein. „I DO WHAT I WANT!“. Also nicht was ich tun muss, sondern was ich jetzt tun möchte.
Nichts in der Impro muss, alles kann!
Alle Regeln sind Stützräder oder Leitplanken, die einem helfen können in einer Szene oder Geschichte zu navigieren. Aber sie sind keine FUCKING Gesetze. Und sie sollten nicht als solche behandelt werden. Sie sollten uns schulen, sollten uns Rat geben. Z.B. wenn wir uns fragen, warum etwas nicht geklappt hat. Aber sie sind keine Bauanleitung.
I COULD PUKE, wenn ich jemanden sagen höre „Aber das war jetzt ein Block!“. WHO THE FUCK GIVES A SHIT? Wen interessiert das, wenn es die Handlung vorangetrieben hat? Kurz um, wenn es Spass gemacht hat beim Zuschauen und beim Spielen. Dann war es cool. ALWAYS. Wenn nicht, dann war es einfach nicht interessant. Dann habe ich was gelernt. Dann schaue ich, ob ich es das nächste Mal anders mache, ob ich es das nächste Mal nochmal tun will.
Dies ist kein anarchischer Freifahrtschein. Ganz im Gegenteil. Man sollte sich sehr bewusst sein, was man will. Vor allem aber sollte sich ein Ensemble, das gemeinsam eine Show spielt, bewusst sein, was es von der Show will. Erst dann kann man wirklich sinnvolle Entscheidungen auf der Bühne fällen. Aber:
Fälle deine Entscheidungen. Stehe dazu und lass dich niemals von dem SHIT-Gedanken „Darf ich das jetzt?“ aufhalten!
Wenn du das ehrliche Gefühl hast, die Szene muss beendet werden, dann beende die Szene. Wenn du das ehrliche Gefühl hast, die Szene braucht noch eine Figur, dann spiel die Figur. Wenn du das ehrliche Gefühl hast, die Szene braucht einen Schnitt, dann mach einen Schnitt. Wenn du das ehrliche Gefühl hast, dass sich auf einer Plattform zwei Fremde fremden Streiten sollten, dann lass zwei Fremde miteinander streiten.
Denn, HOLY SHIT, aus allem, allem, allem kann man noch etwas machen.
Impro ist nicht Produkt, es ist Prozess. Wenn etwas nicht klappt, dann liegt das nie (!) an einer Entscheidung, sondern immer (!) an den Reaktionen auf diese Entscheidung. (Das ist FUCKING ABSOLUT!) (Anm. d. Red.: Ich verstehe die übertriebene Anwendung der Majuskelschrift als Stilmittel und lasse die teils herben Ausdrücke deshalb unzensiert stehen)
Wenn man sich und anderen das erlaubt, wenn man sich selber und anderen nicht mit dem Impro-, Spiel- oder Formatgesetzbuch vor der Nase rumwedelt, dann kann man sich selbst, seine Mitspieler und das Publikum wahrlich überraschen. Dann können wir auf der Bühne wieder lernen. Dann können wir auf der Bühne auch wieder Scheitern, weil wir das Handeln an sich GODDAMMIT höher bewerten als das “richtig Handeln”. Hinterher fragen wir uns natürlich ob etwas geklappt hat oder nicht, jedoch keinen Moment früher.
Denn die SHIT Regeln sind dafür da, um uns zu dienen und nicht damit wir ihnen dienen. Und es gibt nichts Gutes ausser man FUCKING tut es.
Abschliessende Anmerkung der Redaktion: 15x FUCKING MAJUSKELSCHRIFT. nice!